Abitur 1998 am FvSG

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Um die Herbstferien ein wenig zu verlängern, machten sich am 21. des Monats Oktober 1996 vierzehn Schüler und eine Lehrerin auf den langen Weg nach Spanien, die Schönheiten des Landes zu genießen und sich der Gastfreundschaft der Spanier zu erfreuen. Früh morgens ging es los; man versammelte sich schon um 6.30 Uhr am Sterkrader Bahnhof. Die Müdigkeit verging schnell, schließlich lagen 11 weitere Urlaubstage vor uns. Ein Genuß - wenn man an die Mitschüler dachte, die sich weiterhin mit den Lehrern abplagen mußten. Um das ganze zu relativieren: wir befanden uns auf einer Bildungsreise. Nachdem wir in Duisburg in den Zug nach Paris umgestiegen waren, konnten wir es uns erstmal ein wenig gemütlich machen. Die Zeit vertrieben wir uns mit singen, essen und Geburtstag feiern. Kurz nach der belgischen Grenze kamen wir auf die Idee, aus der Not eine Tugend zu machen und diese Reise lukrativ zu nutzen. Unser neues Gewerbe bekam auch einen Namen - "DOUANE" schrieben wir auf einen Din A4 Bogen und hielten es den nächsten Daher-gelaufenen vor die Nase. Diese schauten etwas verstört drein und bahnten sich mit roher Gewalt ihren Weg durch unsere gut gesicherte Zollstation. Frau Eilert-Langer erschien dieses Prozedere ein wenig peinlich zu sein. Kurz darauf lernten wir, sie zu verstehen. Auf neonorangefarbenen Binden, welche die Gepeinigten schmückten, stand in großen Lettern: POLICE. Naja. Wir stellten unseren Betrieb ein. Vielleicht sollten wir erst das Abitur machen, um uns anschließend solchen Aufgaben zu widmen. Den Rest der Fahrt verbrachten wir damit, die Leute aus unserem Abteil zu nerven.
Um 13.30 Uhr hieß es umsteigen.
In der Pariser Unterwelt mußten wir wieder einige Probleme bewältigen. Besonders Jenny hatte mit ihrem Gepäck zu kämpfen. Wer schon einmal in der Pariser Metro war, kennt sicherlich die zeitgeschalteten, viel zu engen Schiebetüren. Also: Jenny steckte ihr Billet in den Automaten, die Tür öffnete sich wie von Zauberhand und schloß sich ebenso schnell. Jenny konnte es nicht gelingen, mit ihrem ganzen Gepäck auf die Seite ihrer Mitschüler zu gelangen - ihr Rucksack, den sie aufgesetzt hatte, mußte leider draußen bleiben. Wir lachten, Frau Eilert-Langer schrie hysterisch. Eine Reaktion, die sich noch oft wiederholen sollte. Mit Hilfe eines netten Franzosen schafften wir es dennoch, Jenny aus ihrer unglimpflichen Lage zu befreien und unserem Aufenthalt in Pamplona stand nichts mehr im Wege. Angst und Bange wurde es uns aber schon, wenn wir an die kulinarischen Genüsse der Ortsansässigen dachten. Würden wir die Speisen zu schätzen wissen? Würde uns das Essen behagen?
Am ersten Abend bei unserer Familie wurden wir mehr oder weniger positiv überrascht. Mit vollem Magen legten wir uns ins Bett (in Spanien pflegt man um 22.00 Uhr sein warmes Abendessen zu sich zu nehmen). In der Nacht erholten wir uns von unserer langen Reise und bereiteten uns mental auf die Herausforderungen des nächsten Tages vor - das Abenteuer-Stadtspiel, vorbereitet von Frau Eilert-Langer wartete auf uns. Wir trafen uns auf dem Plaza de Sarasate und bekamen dort einen Zettel mit 10 Fragen über die Stadt, ihre Gebäude, ihre 19 Denkmäler und die Leute. Die sechs Gruppen, die sich zwecks des Wettkampfes gebildet hatten, schwirrten aus, um Orte zu observieren und Leute zu befragen, um die 10 geforderten Antworten zu finden. Einige von uns machten während des Spiels erschreckende Erfahrungen. So wurden Julia und Bettina von einem zahnlosen Monster verfolgt und auf diese Weise von der Rallye abgelenkt. Gerade hatten sie es abgehängt, lauerte es ihnen gegenüber des Casa Casla (einem mit Würsten behängten Gebäude) wieder auf. Schließlich konnten die von Panik ergriffenen Mädchen Zuflucht bei einer anderen Gruppe finden. Hendrik und Dörthe sollten sie von nun an beschützen. Wir alle trafen mehr oder weniger pünktlich bei Hemingways Stammkneipe "Cafe Iruna" ein. Unsere wohlverdienten Preise bestanden aus einem eisgekühlten Getränk - natürlich auf alkoholfreier Basis - was man bei sommerlichen Temperaturen um 26°C gut vertragen konnte. Abends beschloß die lustige deutsch-spanische Meute zu einer Spielhalle zu gehen. Ein Teil der Deutschen ließ sich auf eine Konfrontation bei "Q-Zar" (so was wie Laserdrom) ein. Da aber fast alle Deutschen dieses Spiel noch nie gespielt hatten und wir Gewalt sowieso verabscheuen, scheuten wir uns zunächst. Aber weil wir ja keine Feiglinge sind, stellten wir uns, auch wenn eine Viertelstunde später unsere knappe Niederlage besiegelt war. Es wurden aber auch Kicker und Billard gespielt, wobei wir nicht so jämmerlich aussahen.
Die nächsten Tage unserer Bildungsreise bestanden in wissen-schaftlicher Arbeit. Historische Hintergründe und geologische Besonderheiten wurden von uns aufgeweckten Schülern unter die Lupe genommen. Ein Artefakt, das uns besonders beschäftigte, auch aus tierrechtlichen Gründen, war "la Arqueta de Leyre". Das Stück ist eine kleine aus Elfenbein gefertigte Kiste (22*35*22 cm) aus dem Jahre 1004/5 n.Chr. (395 nach dem muselmanischen Kalender). Sie kam aus dem Kloster Leyre. Leider ist bis heute noch nicht geklärt, wie viele Elefanten ihr Leben für dieses Kästchen lassen mußten. Weder die Informationsbroschüre noch der Museumsführer selbst konnten uns die Ausmaße dieses schrecklichen Verbrechens nennen.
Ein weiterer Höhepunkt unserer wissenschaftlichen Arbeiten, ein Durchbruch in der Biologie, gelang uns mit der Entdeckung des iberischen Zwergpumas und der des Langfelldingos. Die Ausarbeitung und Bewertung unserer Forschungsergebnisse liegt bei.
Neben den naturwissenschaftlichen wurden wir auch mit sozio-kulturellen und politischen Problemen direkt konfrontiert.
Der Freitagabend sollte uns ein erstes Beispiel liefern. Nachdem wir über den hohen Zaun geklettert waren, ließen wir uns auf dem Sportplatz der Schule nieder. Es bleibt zu erwähnen, daß diese Stätte der körperlichen Ertüchtigung oft von jungen Männern genutzt wird, die sich auf das alljährliche Fest "San Fermín" vorbereiten. Auf Hunderte von unzurechnungs- fähigen Männern werden dann wild gewordene Stiere losgelassen. Soviel dazu.
Auf dem Sportplatz wurden wir Zeugen unkontrollierten Alkohol-konsums unter spanischen Jugendlichen. Wir glänzten durch Anpassungsfähigkeit. Das In-Getränk Calimocho (Cola+Rotwein), Aguila-Bier in 1,5 l Schraubverschlußflaschen und etliches mehr brachten uns in Hochstimmung. Mit gesundem Patriotismus bewegten wir uns grölend Richtung Altstadt "...wir sind das Ruhrgebiet...". Ganz Spanien sollte es wissen. Wir zogen von Disco zu Disco und genossen die Nacht. Als es endlich Zeit wurde zu gehen, trennten sich unsere Wege. Dörthe, Bettina und ihre Gastschwestern wurden Zeugen eines ETA-Anschlags. Nichts ahnend, auf ein Taxi wartend, standen sie an einer Kreuzung mitten in Pamplona, als diese sich urplötzlich entzündete. Ein riesiger Feuerkranz tat sich vor ihnen auf. Nein, das war kein unterhaltsamer, pyrotechnischer Effekt, das war ein Molotow-Cocktail, der einen mitten auf der Kreuzung postierten Müll-berg in Brand setzte - und es sollte nicht der letzte gewesen sein. Erst zu Hause konnten sie sich wieder beruhigen. Auch der Samstagabend sollte allen ähnliches bescheren. Wieder auf dem Weg vom Sportplatz zur Disco, wurden wir plötzlich von einem Pulk aufgebrachter Spanier überrannt, die uns aus der Altstadt entgegen kamen. Bald erblickten wir den Grund dieses Aufruhrs. Vier Mannschaftswagen standen am Rand der Altstadt und etliche mit Schlagstöcken, Bazookas und Schutzschildern ausgerüsteten Polizisten stürmten dieselbige. Einige Zeit verging, bis wir unsere Discobesuche fortsetzen konnten. Wir drängten uns an einem Löschzug vorbei und gingen zur nächsten Bar in einem angeblich sicheren Gebiet. Heikel, heikel! Es stellte sich heraus, daß genau diejenige Bar gebrannt hatte - ein Molotow-Cocktail hatte dies verursacht - welche uns noch am Abend zuvor so gut gefallen hatte.
Montag hatte uns der Alltag wieder. Die Facharbeit im Bereich Lebensmittelchemie sollte abgeschlossen werden. Dies gelang uns dann ausgerechnet in San Sebastián - der Wiege der ETA. Da es sich um einen Tagesausflug handelte, boten uns die Gastmamas genügend Versuchsmaterialien. Einen wichtigen Beitrag leistete Bettinas Gastvater, der ihr noch im Auto einen hellgrünen Einwegregencape aus mülltütenähnlichem Plastik zusteckte. Dieser sollte Christian als Schutzanzug dienen, damit er keinen Schaden von den eventuell giftigen Ausdünstungen davon trüge. Als Versuchsort wählten wir den gut belüfteten, feinsandigen Strand von San Sebastián. Inzwischen waren es gar 29°C, eine hervorragende Temperatur für unsere Analyse. Auch sonst bewies sich das Ambiente als ein positiver Stimulus. Die Sonne ließ ihre warmen Strahlen auf unsere Häupter nieder, entspannt lauschten wir dem Rauschen des Meeres, und selbst vorbeischreitende Rentner lenkten uns nicht von unserer Arbeit ab. Die Ergebnisse liegen leider unter Verschluß.
Kleiner Tip am Rande: falls euch eure Gesundheit am Herzen liegt, rührt auf keinen Fall spanische, rosafarbene Milka-Tender-ähnliche Schokoprodukte an.
Weiterhin verbrachten wir den Nachmittag mit der Erkundung der Sehenswürdigkeiten von San Sebastián, unter anderem konnten uns die Windkämme erheitern. Dort ließen wir unsere Haare vom Winde verwehen und genossen unsere freie Zeit bei wunder-barstem Wetter im Ferienidyll. Doch diese Idylle hielt nicht lange an. Dafür sollte mal wieder Christian sorgen. Um 17.00 Uhr sollten wir uns am Plaza de Cervantes treffen. Mit spanischer Pünktlichkeit trafen wir dort auch alle ein. Christian brachte aus einem Cafe am Strand noch Hendriks Jacke mit, die er dort vergessen hatte. Als Christian einen Fleck auf seinem T-Shirt bemerkte und dies ihm sichtlich peinlich war, schlug Anika ihm vor, doch seinen Pulli überzuziehen. Da bemerkte er, daß er zwar netterweise Hendriks Jacke mitgebracht, dafür jedoch seinen Pulli vergessen hatte. So rannte er los, um ihn zu holen. Man muß dazu sagen, daß das Cafe nicht gerade sehr nahe lag. Frau Eilert-Langer ging davon aus, daß wir, wenn wir alle auf Christian warteten, unseren Bus verpassen würden. So wartete Henri mit zwei Fahrkarten alleine auf Christian und trotz Protest gingen wir schon voraus. Aber schon kurz nachdem wir am Busbahnhof angekommen waren, kamen die beiden angetrabt, was ihr Glück war, denn der nächste Bus kam erst um 20.00 Uhr. Jetzt konnten wir alle beruhigt nach Pamplona zurückfahren.
Mit wunderbaren Erinnerungen an phantastische Erlebnisse wie diese, kehrten wir schließlich nach Oberhausen zurück. Traurig blickten wir zurück auf die schönen Tage in Spanien, traurig blickten wir dem tristen Schulalltag entgegen.
Der Spanienaufenthalt war uns wirklich sehr gelungen.
An dieser Stelle möchten wir Frau Eilert-Langer noch einmal unseren herzlichsten Dank aussprechen, die mit großem Einsatz, Einfühlungsvermögen und Organisationstalent diese Reise unvergeßlich machte. Außerdem entschuldigen wir uns hiermit bei all denjenigen, denen wir nicht nur Mühe, sondern auch Nerven gekostet haben.
Muchas gracias, diese Fahrt war ...
"primera nata" - erste Sahne!!!

(di, bj)




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